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  • Rahel

Die Cerrada ❃ ein wunderschönes Ritual als Abschluss des Wochenbetts


Auch „Traditionelle Schliessung nach der Geburt mit dem Rebozo Tuch“ genannt 

oder „Closing the Bones Ritual“


Schon kurz nach der Ankunft der Hebammen entfaltet sich der Duft von Kräutern und Copal im ganzen Haus. Die Zeit steht still, die Stimmung ist friedlich. Die Frauen bewegen sich in einem eigenen Tanz und begleiten die Wöchnerin ins Bad. Da steht einen Hocker und grosse Töpfe reich gefüllt mit Kräutern, die sie im Laufe des Jahres geerntet haben. Die Frau darf da sitzen, umhüllt von Decken und Tüchern damit ihr Körper in dem Dampfbad die Geburt reinigen kann. Gespräche über die Geburt, leise Musik und die Tränen fangen an zu fliessen. Die Frau fühlt sich sicher und beginnt sich zu entspannen. Nichts muss, es ist jetzt unendlich viel Zeit und Raum für sie selbst. Da zu sein mit allem was sie ist.

Vom Hocker geht es dann in die Badewanne, die mit warmen Wasser, dem Kräutersud gefüllt wurde und mit frisch gepflückten Blumen geschmückt ist. Ihr Gesicht wirkt tief entspannt. Der Stress der letzten Wochen legt sich und verborgene, unterdrückte Emotionen beginnen sich zu lösen. 

Nach dem Bad folgt eine Ganzkörpermassage, wo der Körper und seine Muskulatur jetzt in eine noch tiefere Entspannung kommen. Die Frau ist warm, geborgen, gehalten. Sie schläft ein und verarbeitet weiter in der aufkommenden Stille.

Nach dieser Ruhephase zieht sie sich wieder an.

Nun erwarten zwei Frauen die Mutter auf dem Bett, um mit dem langen Rebozo - Tuch den Körper zu schliessen. Alles ist in diesem Moment heilig. Nur wenige Geräusche aus der Umgebung, wie das Zwitschern der Vögel, wiehernde Pferde begleiten sie in dem folgenden Prozess. Das Tuch gibt ihr soviel Halt. Die Zuwendung ist riesig. 

Die Energie wird zum Körper zurückgeholt und wieder integriert. Die Kraft kehrt zurück. 

Frieden ist da.

Die Frau spürt es und weint. 

Sie ist von der unendliche Liebe berührt.

Es ist einfach eine Erlösung.

Sie ist selbst gestillt.

Sie ist wieder rein.

Sie weiss es.“

Dies ist eine Geschichte aus dem Alltag einer Hebamme oder Doula, die dieses Ritual mit den Frauen im Wochenbett macht. Ein Beispiel von Vielen. Jedes Mal anders, jedoch eins bleibt gemeinsam, es ist so befreiend.

Das Ritual ermöglicht uns sowohl bewußt als auch unbewußt Greifbares und Unfassbares zu berühren. Im Innen und im Außen kann es Veränderungen bewirken: zum Beispiel Energien der Liebe wieder in Fluss, das Leben in Balance und den Körper in Ordnung bringen.

Nach einer Geburt brauchen Mutter und Kind ganz besondere Bedingungen und haben Bedürfnisse, die gestillt werden sollten.

Unter anderem Ruhe, Zeit mit sich und dem Baby, liebevolle Ernährung, Frieden, Harmonie und vor allem : das Gefühl „GEHALTEN ZU SEIN“! 

Es ist so wichtig, in der neuen Rolle als Mutter auch voll anzukommen und diesen Raum einzunehmen. Viel zu oft, wird dieser Prozess nicht bewußt in seiner notwendigen Tiefe und auch mit der Hingabe und Annahme durchlebt.

Das Wochenbett dauert ca. 5 bis 8 Wochen nach der Geburt. Die Mutter sollte in dieser Zeit von ihrem Umfeld genährt werden und ganz viel Ruhe und Zeit bekommen, um die Bindung zum Kind aufzubauen und eben auch für die Rückbildung ihres Körpers. Der Körper macht sich ganz natürlich für die Geburt auf und schließt sich in seinem Rhythmus wieder Stück für Stück. 

Es ist ein ganz normaler Prozess des Körpers und geschieht von allein. Je nach Beschaffenheit des Bindegewebes und der Konstitution der Frau mehr oder weniger schnell. Es ist für die Familie besonders schön, wenn sie diesen heiligen Moment ganz bewusst wahrnimmt und den Übergang des Ankommens des Kindes demütig und tief zelebriert.

Ein „Abschluss & Neuanfang“. 

Genau das wird bei vielen traditionellen Kulturen intensiv und selbstverständlich gelebt.

Die Frauen werden nach der Geburt mit Tüchern am Bauch eingewickelt und die Babys am Körper mit Tücher getragen, um diesen Prozess zu unterstützen. 

In Südamerika wird heute noch mit einem sogenannten Rebozo-Tuch, ein Ritual durchgeführt, dass der Mutter Gelegenheit und Raum gibt, gehalten, geführt und gesichert durch einen Prozess zu gehen, der die Schwangerschaft, die Geburt und die Mutterschaft abbildet, abrundet und heilsam verbinden kann.

Jede traditionelle Hebamme hat zwar ihren „eigenen Style“, wie sie das Ritual im Einzelnen durchführt, jedoch haben alle einige Gemeinsamkeiten.

Das „Einwickeln“ gibt der Frau und dem Kind den Halt. 

Die Frauen haben die Möglichkeit während des Kräuterdampfbads die Geburt oder alle ihre Geburten zu verarbeiten, sowie ihre - tief im Zellgewebe- sitzende Emotionen loszulassen. 

Sie erleben Momente des Erinnerns, des wiederholten Durchlebens und Loslassens. Viele Emotionen und auch Erinnerungen können die Bühne erneut betreten, können in einem sicheren und wohltuenden Rahmen betrachtet und wertgeschätzt werden.

Danach folgt eine tiefe Entspannung durch eine Ganzkörpermassage.

Wenn Körper und Geist vollkommen warm, offen und gelöst von jeglicher Spannung sind, werden die Frauen, einmal wieder angezogen, mit dem Tuch physisch und energetisch „geschlossen“. 

Die Schließung mit dem Tuch tut dem Körper der Frau besonders gut. Das Gewebe / die Knochen bekommen die Richtung, wo es langgeht zur Rückbildung. Alles deutet auf den ursprünglichen Platz zurück. 

Energetisch gesehen, geht es nicht nur darum, dass der Abschluss dieser Zeit bewusst zelebriert wird, sondern auch darum, dass die Frau nicht mehr ihre Energie durch das „offenen Becken“ oder „offene Bauchdecke“ verliert. Es werden ihre Energiezentren gestärkt. Alles bekommt wieder Energie und die Frau einen gesunden Halt im Leben. 

Die traditionelle Schliessung nach der Geburt, im spanischen „Cerrada“ genannt, bringt die Frau zurück.

Die Frauen fühlen sich danach wie neu geboren. 

Es ist ein heilsamer Prozess und neues Fundament: Sowohl Mutter als auch Frau sein. Beides soll sich gesund und natürlich anfühlen und zusammenkommen. 

Und das Gute dabei: es ist egal, wie alt das Kind ist. Es gibt Frauen, die sich das Ritual erst viele Jahre nach den Geburten gönnen. Auch ist es sehr hilfreich nach einer stillen Geburt oder beim Kinderwunsch, um sich vor der Empfängnis zu reinigen und auszugleichen.

Die Weitergabe dieses Rituals von Frauen an Frauen, eine besondere Form der Beschenkung. Im Rahmen dieser traditionellen Schließung werden von Weib zu Weib, von Frau zu Frau, von Mutter zu Mutter und Mädchen zu Mädchen reine, liebevolle Energien ausgetauscht. Es ist Heilung für das Ganze, die in eine Form gebracht, nur zum Wohle aller wirken kann. 

Anne-Sophie Montandraud.

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